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AutorenbildFässlerA-way

Antarktika – Die letzte richtige Wildnis und wohl unser grösstes Abenteuer

Aktualisiert: 16. Nov. 2020


Wer sich schon einmal Tier- und Dokumentarfilme von Sir David Attenborough angesehen hat, der weiss, was diese letzte richtige Wildnis im Süden unseres Planeten zu bieten hat: Viel Eis, riesige Gletscher, unglaubliche Gesteinsformationen, ein wilder Ozean, eine faszinierende Tierwelt. Wer kann dazu Nein sagen? Wir nicht. So haben wir uns auf unsere wohl spektakulärste Expedition und ein einmaliges Abenteuer eingelassen.


Das Leben ist entweder ein waghalsiges Abenteuer oder nichts.“

- Helen Keller


Am 15. Februar ging es los. Über die Falkland-Inseln/Islas Malvinas und Südgeorgien sind wir mit einem Expeditionsschiff in die Antarktis gereist und in eine einzigartige Welt eingetaucht. Während dieser Reise sind wir zwischen Millionen von Pinguinen gestanden, haben Seebären in ihre Kulleraugen geblickt, haben die scharfen Zähne der Leopardenrobbe beim Jagen gesehen und den Atem der Buckelwale gerochen.


Wir haben Forschungsstationen besucht, sind mit dem Zodiac durch das Eis gegondelt, haben Gletscher kalbern und Eisberge entstehen sehen. Wir sind vor der Antarktischen Halbinsel bei -1.5° Grad ins eisige Wasser gesprungen, haben am Grab von Sir Ernest Shackleton mit Whiskey auf seinen Abenteuergeist angestossen und sind auf den Falklandinseln ganz im britischen Stil mit einem alten Land Rover gefahren.


Wir haben den grössten Eisberg der Welt gesichtet, einem ganzen Expertenteam von Dozenten und Polarspezialisten gelauscht und viel über die einzigartige Geologie, Glaziologie, Geschichte und Tierwelt gelernt.



19 Tage waren wir unterwegs. 19 Tage und unzählige magische Momente, die uns reich gemacht haben.

Dieser Reise in Worten gerecht zu werden, ist eigentlich unmöglich. Die Impressionen auf den Bildern sprechen für sich.




Trotzdem wollen wir diese Reise festhalten – für uns und alle Interessierten und Outdoorfanatiker*in.


Zunächst das Wichtigste in Kürze, weiter unten die Reise im Detail und Infos für all jene, die sich für ein solches Abenteuer begeistern möchten, ganz unten:


Die grössten Überraschungen

Dass wir bereits am vierten Tag auf hoher See zahlreiche Blauwale antreffen würden, damit hatte auch die Crew nicht gerechnet. Für den erfahrenen Expeditionsleiter aus Alaska war es die erste Blauwal-Sichtung im südlichen Ozean überhaupt. Blauwale können über 30 Meter lang werden und bis zu 200 Tonnen schwer sein. Damit ist der Blauwal das grösste Säugetier der Welt. An den Tagen darauf folgten Finnwale, Seiwale, hunderte Buckelwale und einige neugierige Minkwale. Als vor dem Schiffsbug plötzlich 20 Orcas (Killerwale) in einer Reihe vor uns her schwammen, wars um uns endgültig geschehen.




Wer eine solche Reise unternimmt, muss im südlichen Ozean mit extrem hoher See und bisweilen sehr schlechtem Wetter rechnen. Wir hatten uns auf alle Arten der Seekrankheit eingestellt, die reine Vorstellung an den Wellengang löste bereits ein flaues Gefühl im Magen aus. Dann wurden wir mit ungewöhnlich mässigen Winden und einer ruhigen See überrascht. Das tägliche Wetterbriefing wurde zum Running Gag: Wo wir waren, war das Wetter gut, die See ruhig. Hinter und vor uns tobte es und der Wetterradar auf dem Bildschirm war jeweils tiefrot eingefärbt. Dieses unverschämte Wetter-Glück erlaubt es uns, auf vielen Inseln und Buchten an Land zu gehen, die nicht geplant waren und wo es sonst aufgrund der hohen Wellen unmöglich gewesen wäre, mit kleinen Gummibooten zu landen.


Auf dem Weg an die Antarktische Halbinsel kam plötzlich die Nachricht, dass wir womöglich den grössten Eisberg der Welt anpeilen könnten. Der A68a ist mit eindrücklichen 150 Kilometern Länge und rund 40 Kilometern Breite ein Tafel-Eisberg der Sonderklasse und der zweitgrösste je gemessene Eisberg. Er ist so gross, dass er sogar ein eigenes Mikroklima hervorzurufen vermag. Er ist zwar bereits im 2017 entstanden, hat sich aber erst kürzlich aus der Umarmung der Antarktis gelöst und driftet nun Richtung Nordosten. Mehrere Stunden fahren wir an diesem Nachmittag im Schritttempo dem Eisberg entlang und freuen uns, dass unzählige Wale es uns gleichtun und sich vor unseren Augen im Supermarkt des südlichen Ozeans sattessen.




Die landschaftlichen Highlights


Das Eis, die unendlichen Gletscher, die Gebirgsformationen, der tiefblaue Ozean, die mystische Stille, wenn man im Zodiac übers Eis gleitet... man muss es erlebt haben.



Das erste Mal mit den eigenen Füssen auf dem 7. Kontinent zu stehen, ist ein Erlebnis. Wenn dies auch noch bei herrlichem Sonnenschein und blauem Himmel stattfindet, macht es doppelt Spass. Das Wetterglück eben.



Eine geschichtliche Poesie-Wanderung auf den Spuren Sir Ernest Shackletons in Südgeorgien. Die Strecke von Fortuna Bay zur Stromness Walfangstation ist berühmt für das letzte Stück der Inselüberquerung Shackletons und seiner zwei Männer. Wir haben auf den verschiedenen Etappen immer wieder Auszüge aus seinen Briefen vorgelesen und uns vorgestellt, wie die Männer sich hier auf der Suche nach Hilfe mit letzter Kraft durchgekämpft haben. Nach ihrer Odyssee in einem kleinen Rettungsboot aus Holz sind sie hunderte Seemeilen von der Elephant Island durch die Scotia Sea bis nach South Georgia gesegelt. Die Walfangstation in Stromness Harbour ist heute zum Glück Geschichte und verfällt Stück für Stück, aber bietet Seebären ein Zuhause.


Die tierischen Highlights


Wale! Dass wir Blauwale gesehen haben, können wir immer noch kaum glauben. Aber auch von Mink- und Finnwalen und hunderten Buckelwalen umgeben zu sein, sie zu riechen und beim Fressen zu beobachten, ist ein unbeschreibliches Gefühl, ein Geschenk.



Pinguine. Sieben verschiedene Pinguinarten konnten wir beobachten. Und damit eigentlich alle, die in der Antarktis vorkommen. Bis auf eine: den Kaiserpinguin. Die Wahrscheinlichkeit, einen Kaiserpinguin um diese Jahreszeit zu sehen, tendiert gegen null. Dafür haben wir uns an den anderen Pinguinarten kaum sattsehen können: Königspinguine, Felsenpinguine (Rockhopper), Eselspinguine (Gentoos), Brillenpinguine (Magellanic), Zügelpinguine (Chinstraps). Goldschopfpinguine (Macaroni) und sogar vereinzelt Adeliepinguine haben wir bestaunen können. Das Pinguin-Highlight erwartet jeden Antarktis-Reisenden in Südgeorgien. Weit über eine halbe Million Königspinguine versammeln sich hier (allein 150'000 Brutpaare an der St. Andrews Bay). Übrigens: Zwischen fast allen Pinguinen räkeln sich tausende Pelzrobben und See-Elefanten. Die Geräuschkulisse und die Geschmacksnote lassen einen sehr lange nicht mehr los. Letztere setzt sich auch nachhaltig in den bei den Landgängen getragenen Textilien fest.

*von links nach rechts: Magellanic, Gentoo, Chinstrap, Macaroni, King, Rockhopper, Adelie



Albatrosse. Herrlich zu beobachten waren die nistenden Schwarzbrauen-Albatrosse. Aber richtig imposant wird’s beim Wanderalbatross. Er ist der Vogel mit der grössten Flügelspannweite der Welt. Wanderalbatrosse können bis zu 1.17 Meter gross werden und eine Spannweite von bis zu 3.5 Metern aufweisen. Wanderalbatrosse verbringen 90 Prozent ihres Lebens auf dem offenen Meer und haben unser Schiff mehrmals besucht.




Und jetzt alles noch ausführlich für unser Archiv - und die Detail-Fanatiker*in



Wir verlassen Ushuaia am Nachmittag des 15. Februars 2020. Erstes Ziel: Die Falklandinseln. Wir peilen mit den Zodiacs West Point Island an. Diese Insel liegt am äussersten Nordwesten der Falklandinseln und ist 1'255 Hektar gross. Eine kleiner Weiler auf der Ostseite der Insel stellt die einzigen Behausungen der Insel dar, im Windschatten von Black Bog Hill und Michael's Mount. Das Tal zwischen diesen Gipfeln führt uns über das Zentrum der Insel zur dramatischen Teufelsnase und den umliegenden Klippen. Hier können wir Schwarzbrauen-Albatrosse (Black browed Albatross) und Felsenpinguine (Rockhopper) an ihren Nistplätzen sehen. Über den Brutplätzen segeln Caracaras, Geier und Raubmöwen. Allesamt Raubvögel auf der Suche nach Nahrung. Fressen und gefressen werden.

Nach der windigen Vogelbeobachtung werden wir im Hause von Alan und Jackie mit einer vormittäglichen Tea-Time verwöhnt, die ihresgleichen sucht. Gefühlt hundert verschiedene selbstgebackene Biscuit und Kuchen erwarten uns auf einer Insel, die alle sechs Wochen vom Versorgungsschiff mit Nahrungsmitteln versorgt wird und die sonst nur über ein Flugtaxi (nur bei mässigem Wind) an die Aussenwelt angebunden ist.


Am Nachmittag landen wir auf Saunders Island. 11'000 Brutpaare von Schwarzbrauen-Albatrosse und vier verschiedene Pinguinarten tummeln sich hier. Historisch gesehen wurde Saunders Island als Standort der ersten britischen Siedlung auf den Falklandinseln ausgewählt. Heute leben hier vor allem Eselspinguine, ein paar Königspinguine und Brillenpinguine. Auf dem Strand liegt eindrücklich ein Skelett eines Seiwals, der Mithilfe von ein paar Landrover Defender vom Strandungsort aufs höhere gelegene Grasland geschleppt wurde und so der Nachwelt als Skelett erhalten bleibt.






Hauptort der Falklandinseln ist Port Stanley, das wir tags darauf anlaufen. Heute leben rund 2'000 Personen in Stanley, darunter auch viele Chilenen und Minenarbeiter aus Afrika. Wir besuchen das lokale Museum, das eindrücklich den Konflikt um die Falklandinseln (oder aus argentinischer Perspektive Las Malvinas) von 1982 aufzeigt. Bis heute hat die Bombardierung Spuren hinterlassen. Die Kultur ist tief britisch – unverkennbar: die Land Rover! Wer die Falklandinseln besucht, fühlt sich wie in Irland oder Schottland: Grüne Hügel und ein frischer Wind. Wir besuchen die Bucht von Gypsy Cove, gesäumt mit Brillenpinguinen. Wir stehen alle auf Deck, geniessen die Sonne und selbstgemachte Glace und verlassen Stanley und die Falklandinseln der Abendsonne entgegen.


SÜDGEORGIEN


Südgeorgien steht an und auf dem Weg dorthin sehen wir nicht nur die Shag Rocks im Nebel (150 Mio. Jahre alte Bergspitzen, die aus dem Meer ragen), es wird auch schnell klar, wie ernst es die Veranstalter mit Bio Security – dem Biosicherheitsverfahren - nehmen. Selbsterklärend, dass wir uns auch auf dem Schiff bis zu einem Dutzend Mal pro Tag die Hände desinfizieren.




Wir werden lernen, dass wir auf unserer Reise Stunden verbringen werden, unsere Schuhe, Hosen, Jacken, Klettverschlüsse und Taschen bis in die kleinsten Ritzen zu putzen und zu fegen. Waschstationen auf dem Aussendeck werden eingerichtet und kein Sandkorn, kein Samenkorn, kein bisschen Dreck darf von einer Insel auf die nächste geschleppt werden. Bereits vor unserer Landung auf Südgeorgien werden wir mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt und bio-gesichert desinfiziert.


Das ist auch nötig. Ein besonders empfindlicher Ort für Vegetation und Wildtiere ist Prion Island, eine sehr kleine Insel, die wir am ersten Tag auf Südgeorgien besuchen. Nur 50 Personen dürfen sich gleichzeitig und für maximal 20 Minuten auf der Insel aufhalten. Es ist eine der wichtigsten Brutstätten für Wanderalbatrosse – mit einer Spannweite von 3.5 Metern der grösste Vogel der Welt. Beim Verlassen der Insel treffen wir dann auf dem Wasser gleich drei Wanderalbatrosse auf einmal. Ein Jungvogel und ein Erwachsenenpärchen, das sich mit ausgebreiteten Schwingen im Wasserballet übt und um die Wette balzt. Wunderbar anzusehen.


Daneben besuchen wir am ersten der insgesamt drei Tage auf Südgeorgien auch die Bucht Salisbury Plains, rund fünfzig Kilometer von der Westspitze Südgeorgiens entfernt. Hier lebt mit bis zu 250'000 Individuen eine der grössten Königspinguin-Kolonien. Historisch gesehen war Salisbury Plains im 19. Jahrhundert ein beliebtes Jagdrevier für Robbenfänger. Aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar.

Südgeorgien bietet ein Highlight nach dem anderen. Am zweiten Tag peilen wir die Fortuna Bay, Stromness Harbour und die Hercules Bay an.



Vormittags sehen wir erneut unzählige Esels- und Königspinguine, sowie Elefantenrobben und Seebären (Pelzrobben). Am Nachmittag nimmt rund die Hälfte der Schiffs-Passagiere die Strecke von Fortuna Bay zur Walfangstation Stromness Harbour zu Fuss in Angriff. Wir gehen in den Fussspuren von Sir Ernest Shakelton, der diese Strecke in grösster Not auf der Suche nach Hilfe zurückgelegt hat. Er ist im Rettungsboot mit zwei Begleitern an Südgeorgiens Südküste gelandet, nachdem seine Expedition im Seeeis eingeschlossen wurde. Wir haben das letzte Stück Shakeltons’ Inselüberquerung unter die Füsse genommen – im Gegensatz zu ihnen im Antarktischen Sommer und nicht bei Eis und Kälte. Etappenweise haben wir uns dabei Auszüge aus seinen Briefen und Texten vorgelesen. Die Walfangstation in Stromness Harbour, bei der er schliesslich landete, operierte zwischen 1907 und 1932 und ist heute verfallen. Sie bietet wieder ein Zuhause für Pelzrobben.


“Männer gesucht für gefährliche Reise, niedrige Gehälter, bittere Kälte, lange Monate in kompletter Dunkelheit, konstanter Gefahr, sichere Rückkehr ist unsicher. Anerkennung und Ehre bei Erfolg.”

- Sir Ernest Shackletons Anwerbung für die Crew seiner Endurance Expedition




Der Abend bot dann eine spektakuläre Zodiac-Fahrt entlang der Hercules Bay. Hier lebt eine bekannte Kolonie der Macaroni-Pinguine (Goldschopf) – die Italiener unter den Pinguinen. Entsprechend laut war das Abendkonzert, als wir der Küste entlang fahren und sie beobachten können. Die Macaroni-Pinguine sind zwar nicht selten, aber sie nisten nur in steilen Felswänden, die oft schwer zu erreichen sind.



Der dritte Tag bietet noch mehr Pinguine. Wer nach Südgeorgien fährt hofft, die St. Andrews Bay zu besuchen, was aufgrund der meist hohen Wellen am Strand nicht ganz einfach ist. Die Bucht ist mit über 150'000 Brutpaaren (Zählung ohne Küken) eine der grössten Königspinguin-Kolonien der Welt und die grösste auf South Georgia. Die Population ist seit 1925 erfreulicherweise dramatisch gestiegen. Damals wurden nur 1'100 Brutpaare gezählt, 1985 waren es 32'000. Ausserdem leben hier über 6'000 Seeelefantenkühe während der Jungtierzeit. Damit ist der Strand Ort der grössten Zusammenkunft von sich fortpflanzenden Seeelefanten.



Zum Abschluss besuchen wir die Südgeorgische „Hauptstadt“ Grytviken. Diese Walfangstation war im südlichen Atlantik für über 60 Jahre Knotenpunkt der Walfangindustrie. Sie wurde vom norwegischen Kapitän Carl Larsen 1904 gegründet und war Zuhause von über 300 Mann. Während die Station betrieben wurde, wurden hier insgesamt über 54’000 Wale gefangen und verarbeitet. Walöl war bis in die sechziger Jahre sehr beliebt. Die riesigen verrosteten Öltanks und Lagerbehälter sind heute stille Zeugen der Walfangzeit. Neben seiner bedeutenden Rolle im Walfang hat ausserdem Sir Ernest Shackleton auf dem Friedhof der Walfangstation seine letzte Ruhe gefunden. Gemeinsam haben wir hier mit einem guten Whiskey angestossen.




„Um schnell und effizient zu reisen, gib mir Amundsen. Gib mir Scott für wissenschaftliche Entdeckungen; Aber wenn alle Hoffnung verloren ist, geh auf die Knie und bete für Shackleton. “ -Sir Edmund Hillary


SOUTH ORKNEY ISLANDS

Von Südgeorgien geht es Richtung Südwesten und Antarktische Halbinsel. Der Wettergott bleibt auf unserer Seite, die See ruhig wie selten zuvor. So warten noch zwei Überraschungen auf uns. Zunächst ermöglicht uns das Expeditions-Team einen spontanen Stopp auf den South Orkney Islands. Auf der Laurie Insel besuchen wir die argentinische Orcadas Station, die seit 1904 betrieben wird und somit die am längsten bemannte Station der Antarktis darstellt. Normalerweise ist die Station während des Winters mit 15 und im Sommer mit über 45 Personen bemannt. Der Forschungsschwerpunkt liegt in der Glaziologie, Seismologie und in Wetterbeobachtungen. Von dieser Station aus schicken wir die wohl teuerste Geburtstags-Postkarte (10$ pro Karte) in die Schweiz. Sie dürften in einem Jahr ankommen.


Beim Verlassen der Bucht beobachten wir mehrere Leopardenrobben bei der Jagd auf Pinguine. Sie sind erfolgreich. Das Sezieren ist dann etwas weniger appetitlich, aber sehr faszinierend. Zwei, drei rasche Kopfbewegungen der Robbe und das zarte Brustfleisch des Pinguins liegt offen zugänglich für die Leopardenrobbe bereit. E Guete!




„Hier draußen (…) Auge in Auge der Natur gegenüberzustehen und seinen Scharfsinn an ihren Rätseln zu erproben, das gibt dem Leben einen ungeahnten Inhalt“

- Alfred Wegener


Die zweite Überraschung kommt in Form eines grossen Eisbergs. Eines sehr grossen! Wir erhalten die Nachricht, dass wir den A68a - den grössten Eisberg der Welt (mit eigenem Mikroklima) - anpeilen können. Der A68a ist ein monströser Tafeleisberg, der vom Larsen C Eisschelf im Juni 2017 abgebrochen ist. Er ist 5800 Quadratkilometer gross. Er hat eine Länge von 150 Kilometern, fast 40 Kilometern Breite und weist eine ungefähre Eisdicke von 400 Metern auf. Durch das Kalbern dieses einzelnen Eisbergs verlor das Larsen C Eisschelf rund 12 Prozent seiner gesamten Fläche. An einem Nachmittag fahren wir mehrere Stunden im Schritttempo diesem kolossalen Eisberg entlang und freuen uns, dass sich hier unzählige Wale tummeln. Ein Schauspiel der Extraklasse.


ANTARKTIKA


Wir haben Höhepunkt an Höhepunkt gereiht, noch bevor wir das eigentliche Ziel erreicht haben: Die Antarktika, den 7. Kontinent. Wir nähern uns diesem Sehnsuchtsziel ein erstes Mal in der Curtiss Bay, an, einer wunderschön vergletscherten Bucht. Sie liegt an der Westseite der Halbinsel in der nördlichen Gerlache-Strait. Die Bucht ist nach Glenn Curtiss benannt, einem amerikanischen Luftfahrtingenieur, der 1911 Pionierarbeit für Wasserflugzeuge leistete. Ein mystischer Schleier liegt über der Bucht. Das Wasser kristallklar. Wir sehen über 15m tief auf den Grund. Wir dümpeln mit unserem Zodiac um Eisberge, geniessen die mystische Stimmung und haben am Ende sogar noch das Glück, einen wunderschönen Minkwal zu sehen, der nur wenige Zentimeter neben unserem Boot auftaucht und uns einen weiteren Wow-Moment schenkt.


“Only those who risk going too far can possibly find out how far they can go.”

-T.S Eliot


Zum ersten Mal Fuss auf den Kontinent Antarktika setzen wir auf Portal Point, am Eingang der Charlotte Bay. Portal Point empfängt uns bei strahlendem Sonnenschein und die Landung mit dem Zodiac wird zum Kinderspiel. Am Portal Point sind wir umgeben von schneebedeckten Bergen, Gletscherspalten und Gletscherzungen, die bis zum Meeresspiegel reichen. Wir geniessen unsere Landung auf dem siebten Kontinent und schrecken plötzlich auf. Es knallt heftig und vor unseren Augen kalbert und kracht spektakulär ein Eisberg. Während Minuten rollt er sich um die eigene Achse, bis er wieder im Gleichgewicht ist.

Eine weitere Zodiac-Fahrt steht an und während fast zwei Stunden sind wir mit dem Guide allein unterwegs. Wir fahren bei strahlendem Wetter an tiefblauen Eisbergen vorbei und beobachten dann fast eine Stunde lang drei Buckelwale, wie sie um unser Zodiac schwimmen, auf- und abtauchen und uns eine für immer bleibende Erinnerung bescheren.




Am Nachmittag cruisen wir mit dem Zodiac durch die Wilhelmina Bay der Enterprise Island entlang. Walfänger waren hier bis in die früheren 1900er Jahren aktiv. Entsprechende Artefakte aus der Zeit des Walfangs sind bis heute auf verschiedenen Inseln zu sehen. Unter anderem auch ein alter, gestrandeter Walfangkutter, den die Crew durch Unachtsamkeit damals in Brand setzte und damit rund 50 Tonnen wertvolles Walöl verbrannte.


“Niemand wird schützen, was ihm egal ist, und niemand wird sich um das kümmern, was er nie erlebt hat.”

- Sir David Attenborough


Die weiteren Tage rund um Antarktika verbringen wir einerseits in Paradise Harbour, der Fournier Bay, Danco Island und Chiriguano Bay. Paradise Harbour liegt auf halbem Weg entlang der Westküste der Antarktischen Halbinsel. Der Naturhafen bietet eine spektakuläre Landschaft mit bis zu 1500 Meter hohen Gipfeln und Gletschern, die ins Meer abfallen. Hier befindet sich auch die argentinische Forschungsstation Almirante Brown. In dieser Region nisten Blauaugenscharben, Kapsturmvögel und Antarktikseeschwalben auf den nahe gelegenen Klippen. Am Strand tummeln sich Eselspinguine. Kaum sind wir im Zodiac, taucht ein neugieriger Minkwal auf und begleitet die Boote über längere Zeit.




Die Fournier Bay erstreckt sich an der Nordostküste der Anvers-Insel unmittelbar westlich der Briggs-Halbinsel im Palmer- Archipel. Wir erkunden die Bucht im heftigen Schneetreiben. Jetzt fühlt es sich richtig antarktisch an. Den Buckelwalen scheint das Wetter genauso wenig anzuhaben wie uns. Dick eingepackt erleben wir in rund zwei Stunden unzählige unvergessliche Momente. Fluken links und rechts, Brustflossen vorne, atemberaubende Fressszenen neben uns. Die Tiere lassen sich bei der Nahrungsaufnahme von uns in keiner Art und Weise stören. Wir sehen einzelne Buckelwale beim Fressen, wie sie ihre Unterkiefer aufs dreifache Ausbeulen und dann den Krill durch die Barten aussieben, wir sehen Teams von bis zu sieben Buckelwalen, die gemeinsam jagen, den Krill durch Luftblasen zusammentreiben und dann zu viert von unten an die Wasseroberfläche stossen – alle mit voll ausgebeultem Mund. Wir können uns kaum satt sehen und kommen mit einer dicken Schneeschicht auf den Mützen und den Jacken zurück auf die Ocean Adventurer. We have literally been whaled.




Schon steht der letzte Tag in der Antarktis an. Die Danco Insel liegt am südlichen Ende des Errera-Kanals. Sie ist Heimat von etwa 1600 Brutpaaren von Gentoos, den Eselspinguinen, die ziemlich hoch oben an den Hängen brüten. Auf der Danco Island befand sich auch die Station O des British Antarctic Survey. Die von dieser Hütte aus durchgeführten Feldarbeiten konzentrierten sich auf die Vermessung der Region und die geologische Forschung. 1959 wurden die Arbeiten beendet und die Station geschlossen. Heute gehört die Insel den Gentoos und entsprechend riecht es auch.



Und es ist noch nicht fertig. Das gute Wetter ermöglicht uns einen weiteren Zodiac-Ausflug. Die Chiriguano-Bucht liegt an der Südküste der Insel Brabant, welche die zweitgrösste Insel des Palmer-Archipels, zwischen den Inseln Anvers und Lüttich ist. Hier fahren wir zum letzten Mal mit den Zodiacs raus und treffen auf eine Handvoll Leopardenrobben verteilt auf verschiedenen Eisschollen. Zudem sehen wir eine scheue Weddelrobbe im Wasser und eine weitere, die auf einer Eisscholle ein Sonnenbad nimmt. Die Gletscherlandschaft ist auch hier atemberaubend und ein mehr als würdiger Abschluss der Antarktischen Halbinsel-Erkundung. Wir stossen an und verabschieden uns von der Antarktischen Halbinsel!



“Jeder Mensch kann die Welt von einer vollen Eintönigkeit und Tristesse in eine Welt der Aufregung und des Abenteuers verwandeln.”

- Irving Wallace





Übrigens: Ein Muss jeder Antarktis-Reise ist der Polar Plunge, der Sprung ins Eismeer! Das eisige Wasser des Südpolarmeeres bietet dafür die richtige Umgebung! Der Vodka, der Hot Tub und das BBQ auf dem Aussendeck bei herrlicher Kulisse helfen beim Auftauen.


Danke dem ganzen Quark-Team und allen, die ihre Fotos mit uns geteilt haben! Besonderer Dank an Nicky Souness, Nancy, Beverly, David und Taylor! Sämtliche Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nicht weiterverwendet werden.



“Merkwürdig. Wehmut liegt oft bei Abschieden in der Luft. Fast so als könnte man es kaum ertragen, diese Wüste aus Eis, Gletschern, Kälte und Mühen hinter sich zu lassen.”

- Fridjof Nansen 1912


 

Interessiert an einer Antarktika-Expedition?


Die wichtigsten Entscheidungen bei einer Antarktis-Expedition sind die Wahl des Anbieters, des Schiffes und der Route. Hier unsere Tipps dazu:


Der Anbieter: „Quark Expeditions“ sind schlicht die besten. Die Mitglieder der Quark-Crew kommen aus allen Ecken der Welt und sind allesamt hervorragende Wissenschaftler (Glaziologen, Meeresbiologen, Ornithologen, etc.), die als Guides, Experten und abenteuerliche Zodiac-Fahrer überzeugen. Die regelmässig stattfindenden Vorlesungen dieser Polarexperten sind inhaltlich wie auch optisch top! Sie werden auch mit Leidenschaft und Witz gehalten. Zudem bietet Quark nur Touren mit Schiffen an, die für die Extreme der Arktis und Antarktis gerüstet sind und Platz für maximal 190 Passagiere bieten.


Das Schiff: Mit der Ocean Adventurer hatten wir ein Luxusschiff. Es bietet Platz für knapp 128 Passagiere. Wir waren auf dieser Tour 109 Gäste, 20 Quark-Expeditionsleiter und 75 Crew-Mitglieder (darunter die wohl besten Köche, die wir uns vorstellen können - mit gewichtigen Auswirkungen...). Das Schiff hat damit eine ideale Grösse. Für die meisten Buchten und Inseln ist die Zahl auf 100 bis 200 begrenzt. Danach gibt’s Restriktionen bei den Landungen. Schiffe mit mehr als 500 Passagieren dürfen gar keine Landungen durchführen. Zudem lassen sich spontane Zodiac-Touren zwischen hunderten von Buckelwalen mit 500 Leuten kaum logistisch durchführen. Insgesamt gilt, je kleiner das Schiff, desto exklusiver die Tour. Wir genossen insgesamt 18 Zodiac-Fahrten in 19 Tagen. Mehr als einmal hat der Kapitän unterwegs das Schiff angehalten, um uns Passagieren Walbeobachtungen aus nächster Nähe zu ermöglichen.


Die Route: Es gibt die klassische Antarktika Tour von zehn Tagen. Dabei fährt man zwei Tage über die Drake Passage, verbringt vier Tage am Nordzipfel der Antarktischen Halbinsel und fährt dann zwei Tage wieder zurück nach Ushuaia. Je ein Tag geht für Ein- und Aussteige-Prozeduren drauf. Was man dabei nicht hat, sind die Millionen von Pinguinen und dutzende Albatrosse. Nur die Touren von 20 bis 23 Tagen bietet den Abstecher über die Falklandinseln und Südgeorgien und damit das Erlebnis, diese ausserordentliche Tierwelt zu geniessen.

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